Am 29. September 2009, also nur einige Tage vor dem Beginn der Olivenerntesaison, stuermten und zerstoerten israelische Siedler aus der israelischen Siedlung Yitzhar, suedlich des palaestinensischen Regierungsbezirks Nablus, die Olivenhaine des Dorfes Burin. Mit ihren elektrischen Kettensaegen beschaedigten sie mehr als 150 Olivenbaeume und wiederholten dabei, was fuer sie so etwas wie ein jaehrlicher ritueller Akt zur Olivenerntesaison geworden ist.
Es ist weitgehend bekannt, dass die Siedlung von Yitzhar die beruechtigsten und gewalttaetigsten israelischen Siedler von allen beherbergt. Ihre systematischen Attacken auf die landwirtschaftlichen Flaechen im Gouvernement von Nablus fuehren sie unter dem Schutz der israelischen Armee durch. Diese ueberwacht die entfesselten Zerstoerungsaktionen der Siedler gegen palaestinensische Grundstuecke, Felder und gegen Palaestinenser selbst.
Der Feldzug der israelischen Armee und der Siedler gegen palaestinensische Baeume
Der systematische Angriff der israelischen Armee gegen palaestinensische Baeume hat mit der israelischen Besatzung des palaestinensischen Territoriums im Jahr 1967 begonnen und bis zum Jahr 1999 zur Rodung von mehr als 1000,000 Baeumen gefuehrt. Seit dem Ausbruch der zweiten Intifada im Jahr 2000 sind, insbesondere seit dem die israelische Armee mit dem Bau der Trennmauer begonnen hat, mehr als 1,6 Millionen Baeume gerodet worden. Die von den Palaestinensern kultivierten und mit fruchtbaren Baeumen bestueckten Landflaechen waren schon immer die bevorzugte Wahl der israelischen Armee, wenn es um die Frage ging, wo man die Trennmauer oder damit in Zusammenhang stehende Einrichtungen bauen sollte. Baeume werden deshalb systematisch von der israelischen Armee ins Visier genommen, weil sie fuer die Palaestinenser etwas bestimmtes darstellen: eine Verbundenheit mit ihrem Land, eine Grundlage ihrer Existenz und ein gutglaeubiger Beweis fuer ihr unbestrittenes Recht auf das Land. Wenn die israelische Armee palaestinensische Baeume rodet, dann setzt sie nicht nur vor Ort ihren Willen, die Trennmauer oder Siedlungen zu bauen, bzw. zu expandieren, durch, sondern sie vernichtet auch den Grund fuer die Palaestinenser, warum diese an ihrem Land haengen.
Die israelische Anti- Umweltpolitik gegen die palaestinensische Landwirtschaft ist ein auf Staatsvandalismus basierender, verschluesselter Oekozid, also eine vorher bestimmte, organisierte Rodung von Baeumen, die von Beginn der zweiten Intifada im Jahr 2000 bis September 2009 zur Entwurzelung von mehr als 1,6 Millionen Baeume im besetzten Territorium gefuehrt hat. Dies verstoesst praktisch gegen jeden Artikel und gegen jede Klausel des internationalen Menschenrechts und der Vierten Genfer Konvention von 1949.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Ueberblick ueber die Anzahl der von der israelischen Armee und von Siedlern gerodeten Baeume in den verschiedenen Bezirken der Westbank und von Gaza im Zeitraum von September 2000 bis September 2009.
Tabelle 1: Anzahl der auf palaestinensischem Land von der israelischen Armee und von Siedlern gerodeten Baeume in den verschiednen Bezirken der Westbank und des Gazastreifens im Zeitraum zwischen September 2000 und September 2009 |
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WB Bezirke |
Gerodete Baeume |
Gaza Bezirke |
Gerodete Baeume |
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Jenin |
44,636 |
Northern Gaza |
602,208 |
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Tubas |
1,228 |
Gaza |
186,737 |
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Tulkarem |
33,473 |
Deir Al-Balah |
124,723 |
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Nablus |
66,434 |
Khan Yunis |
132,656 |
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Qalqiliya |
33,742 |
Rafah |
74,446 |
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Salfit |
17,926 |
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Ramallah |
78,684 |
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Jericho |
25,537 |
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Jerusalem |
27,610 |
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Bethlehem |
74,493 |
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Hebron |
103,593 |
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Gesamt |
507,356 |
Gesamt |
1,120,770 |
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WB & Gaza Gesamt |
1,628,126 |
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Als Baum erfasst sind Forstbaeume, Oliven-, Zitrus-, Bananen- und Traubenfruechte, sowie Steinobst, Dattelpalmen und andere. |
Quelle: ARIJ Database 2009
Der Bauplan der Trennmauer laeuft darauf hinaus, dass bis zu 733km² des Westbankgebietes isoliert werden, was zu einer unmittelbaren Konsequenz fuer den palaestinensischen landwirtschaftlichen Wohlstand fuehrt.
Die mit Olivenbaeumen bepflanzte Flaeche in der Westbank liegt im Bereich von etwa 900,000 Dunums (900km2) und weist einen Bestand von ungefaehr 18 Millionen Olivenbaeumen auf [1]. Westlich der Trennmauer liegt eine mit Olivenbaeumen bepflanzte Gesamtflaeche von 90,858 Dunums isoliert. Das entspricht 10% der geamten Olivenbaumanbauflaeche, also etwa 1,817160 Olivenbaeume.
Wenngleich die israelischen Verwaltungsbehoerden angeblich Vereinbarungen getroffen haben, um die Olivenernte zu erleichtern, abzusichern und die Siedler zu ueberwachen, so dass Siedlerattacken auf palaestinensische Farmer, wie sie ueber die letzten Jahre hinweg zu beobachten waren, vermieden werden, haben nur allzu wenig dieser Vereinbarungen tatsaechlich stattgefunden oder hatten direkte, bzw. ausreichende Wirkung.
Vor Ort haben Uebergriffe der israelischen Besatzungsmacht nicht aufgehoert: Die von der Segregationsmauer ausgehende Wirkung wurde durch die Strassensperren und Erdaufschuettungen, die pilzartig ueber die ganze Westbank hinweg aus dem Boden schiessen und fuer die mit der Olivenernte beschaeftigten Farmer ein weiteres Hindernis darstellen, sogar noch verstaerkt.
Siedler haben sogar noch mehr Angriffe auf Olivenfelder gestartet, worunter das Eindringen in das Naturreservat der Olivenbaeume faellt, deren Zerstoerung, Rodung und Ueberweidung, ueblicherweise unter dem Schutzmantel der israeelischen Armee. Dabei wurden alle Aufrufe der nationalen und internationalen Gemeinschaft sowie von Buergerrechts- und Umweltorganisationen und –bewegungen fuer ein Ende solchen Missbrauchs ausgeschlagen.
Die israelische Armee ueberlasst den israelischen Siedlern freie Hand, so dass diese jegliche Art von Praktiken gegen die Palaestinenser ausfuehren koennen. Zu diesen boeswilligen Praktiken gegen die Palaestinenser gehoeren Belaestigungen, Einschuechterungen, koerperliche Uebergriffe und Morddrohungen. Letztere haben bei einigen palaestinensischen Farmern dazu gefuehrt, dass diese von der israelischen Armee und Siedlern umgebracht wurden. Indessen hat Israel seit Beginn der Besetzung der Westbank und von Gaza im Jahr 1967 Baeume gerodet, um illegale Siedlungen und Umgehungsstrassen zu bauen. Waehrend der noch andauernden Intifada hat die israelische Armee Baeume entlang der Strassen gerodet, weil sich angeblich palaestinensische Widerstandskaempfer in den Feldern verstecken.
Die Olivenerntezeit in Palaestina
Vom 15. Oktober bis zum 30. November findet in den besetzten palaestinensischen Gebieten die Olivenernte statt und wie jedes Jahr stellen sich die palaestinensischen Farmer die Frage, ob sie mit der Ernte fortfahren oder es einfach bleiben lassen sollen. Die Antwort ist offensichtlich und unumstritten: Sie lautet mit der Ernte weiterzumachen, da sie fuer tausende von palaestinensischen Familien eine wichtige, wenn nicht sogar die einzige Einkommensquelle darstellt. Gerade zu dieser Jahreszeit verstaerkt die israelische Armee, zusammen mit radikalen Siedlern, ihre Einschuechterungsversuche, indem sie saemtliche Arten des Terrors ausuebt. Dazu gehoeren:
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Verhaengung von Ausgangssperren, womit das Leben von Palaestinensern, die zur Ernte raus auf das Feld gehen, aufs Spiel gesetzt wird.
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Beschlagnahmung von palaestinensishcen Identifikationskarten (dies fuehrt in den besetzten Gebieten zu sofortigem Arrest)
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Beschlagnahmung von Arbeitsgeraeten von palaestinensischen Farmern, Beschuldigung deren als Eindringlinge und Verhaengung von exorbitanten Geldstrafen
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Verbrennung der gesamten Ernte oder Verspruehen von schaedlichen chemischen Substanzen auf den Feldern
Israel ist eine Besatzungsmacht. Als solche ist sie an verschiedene Gesetze gebunden. Diese Gesetze bestimmen die von der Besatzungsmacht ausgefuehrten Praktiken in Bezug auf die verschiedenen Lebensapekte der Menschen, die im besetzten Gebiet siedeln. Trotzdem ist Israel fuer seine Apathie gegenueber dem internationalen Recht beruechtigt und die weiter andauernden Missachtungen des Landes beinhalten unter anderem:
Die Haager Konvention
Die Rodung von Olivenbaeumen oder jeglicher anderer Baeume stellt einen expliziten Verstoss gegen die Haager Konvention von 1907 dar: In Art.23 heisst es, dass es der Besatzungsmacht verboten ist 'das Eigentum des Feindes zu zerstoeren oder zu beschlagnahmen, es sei denn, solch eine Zerstoerung oder Beschlagnahmung ist zwinglich durch die Notwendigkeiten des Krieges erforderlich.' Die Haager Konvention steht ebenso im Gegensatz zu und lehnt die Aeusserungen des israelischen Armeekommandeurs Colonial Eitan Abrahams, der sagte: 'Die palaestinensischen Eigentuemer der Felder, in denen Baeume zu finden sind, sind diejenigen die die Schuld an der Rodung tragen, weil sie keine Massnahmen ergriffen haben, um palaestinensische Militante davon abzuhalten ihre Felder als Versteck bei ihrer Flucht zu nutzen.'
Abschnitt V- Sektion III- Artikel 50 der Vierten Haager Konvention, wonach Kollektivstrafen an der Bevoelkerung fuer die Taten Einzelner verboten sind, weist die Aussage von Colonial Eitan Abrahams deutlich zurueck.
Die Genfer Konvention
Es gibt wahrscheinlich nicht einen Artikel der Genfer Konvention von 1949 den Israel, seit Beginn der Besatzung der Westbank und von Gaza, nicht verletzt hat. Desweiteren sind die Missachtungen Israels, in der besetzten Westbank und in Gaza, analog Artikel 33, eventuell als Kriegsverbrechen zu bezeichnen. In Artikel 33 heisst es ausdrueklich: 'Keine geschützte Person darf für eine Übertretung bestraft werden, die sie nicht persönlich begangen hat. Kollektivstrafen wie auch jede Massnahme zur Einschüchterung oder Terrorisierung sind verboten. Die Plünderung ist verboten. Vergeltungsmassnahmen gegen geschuetzte Personen und ihr Eigentum sind verboten.'
Verschiedenste Quellen und Feldkommandeure der israelischen Armee sagten aus, uebermaessige Gewalt waehrend ihrer Operationen in den besetzten Gebieten angewendet zu haben. Dabei nutzt die israelische Armee den Vorwand des Selbstschutzes, um kollektive Bestrafungen auszufuehren und um die oekonomischen Grundlagen der Palaestinenser zu zerstoeren. Solche Vorgehensweisen werden in Artikel 53 der Vierten Genfer Konvention eindeutig verurteilt: 'Es ist der Besetzungsmacht verboten, bewegliche oder unbewegliche Güter zu zerstören, die persönliches oder gemeinschaftliches Eigentum von Privatpersonen, Eigentum des Staates oder öffentlicher Körperschaften, sozialer oder genossenschaftlicher Organisationen sind, ausser in Fällen, wo solche Zerstörungen wegen militärischer Operationen unerlässlich werden sollten.'
Artikel 147 der Vierten Genfer Konvention von 1949 stellt die von Israel ausgefuehrten Racheakte gegen Palaestinenser und deren Eigentuemer in die Reihe 'schwerer Verletzungen', wozu, analog der Konvention, unter anderem 'die Zerstoerung und Aneignung von Guetern, die nicht durch militaerische Erfordernisse gerechtfertigt sind und in grossem Ausmass auf unerlaubte und willkuerliche Weise vorgenommen werden', zu zaehlen ist.
Prepared by
The Applied Research Institute – Jerusalem
ARIJ